Das Thema Longevity – also die Wissenschaft von der gesunden Langlebigkeit – wächst rasant und bringt viele neue Begriffe mit sich. Ob aus der Medizin, Ernährungswissenschaft, Psychologie oder aus der Hotel- und Spa-Praxis: Wer den Überblick behalten möchte, stößt schnell auf eine Vielzahl von Fachausdrücken. Genau hier setzt unser Longevity Glossar an.

Es erklärt die wichtigsten Begriffe klar, verständlich und wissenschaftlich fundiert – von A wie Autophagie über B wie Blue Zones bis Z wie Zellregeneration. Damit erhalten Sie nicht nur eine schnelle Orientierung, sondern auch wertvolle Impulse für die praktische Anwendung im Alltag oder in der Gesundheitsprävention. Grundsätzlich gilt:

Die Inhalte dienen ausschließlich der Information und ersetzen keine medizinische Beratung. Bei Interesse an den Themen sollte vorab und während einer Durchführung immer eine ärztliche Konsultation erfolgen.

Das Glossar wird laufend erweitert und aktualisiert, sodass Sie jederzeit die neuesten Konzepte und Trends rund um Longevity im Blick haben.

Metformin

Was ist Metformin?

Metformin ist ein bewährtes Diabetes-Medikament, das als eines der vielversprechendsten Geroprotektiva der modernen Medizin gilt. Ursprünglich aus der französischen Fliederpflanze (Galega officinalis) entwickelt, ist es seit über 60 Jahren das Mittel der ersten Wahl bei Typ-2-Diabetes und wird von über 120 Millionen Menschen weltweit eingenommen. In der Longevity-Forschung erregte Metformin Aufsehen, als epidemiologische Studien zeigten, dass Diabetiker unter Metformin-Therapie länger lebten als gesunde Kontrollpersonen. Diese paradoxe Beobachtung führte zur revolutionären TAME-Studie (Targeting Aging with Metformin), die erstmals ein Medikament gegen das Altern selbst testen wird. Metformin könnte damit den Übergang von der Behandlung einzelner Alterskrankheiten zur Prävention des Alterns als Ganzes markieren.

Definition: Metformin ist ein AMPK-aktivierendes Antidiabetikum aus der Biguanid-Familie, das durch Verbesserung der Insulinresistenz und Aktivierung zellulärer Energiesensoren Anti-Aging-Eigenschaften zeigt.

Key Facts

  • Pflanzlicher Ursprung: Abgeleitet von Guanidin aus der französischen Fliederpflanze
  • Weltweit bewährt: Über 60 Jahre klinische Erfahrung, WHO-Medikament der ersten Wahl
  • AMPK-Aktivator: Stimuliert den "Master-Regulator" des Zellstoffwechsels
  • Longevity-Paradox: Diabetiker unter Metformin leben länger als Gesunde ohne Medikament
  • TAME-Pionier: Erstes Medikament in einer Anti-Aging-Studie mit FDA-Anerkennung
  • Sicherheitsprofil: Nebenwirkungsarm, seit Jahrzehnten millionenfach erprobt

Wissenschaftlicher Hintergrund

Mechanismus und AMPK-Aktivierung

Metformin wirkt primär durch Hemmung der mitochondrialen Atmungskette (Komplex I), was zu einem Anstieg des AMP/ATP-Verhältnisses führt. Dies aktiviert AMPK (AMP-aktivierte Proteinkinase), den zentralen "Energiesensor" der Zelle. Aktivierte AMPK schaltet energieverbrauchende Prozesse (Anabolismus) ab und energieproduzierende Pfade (Katabolismus) an. Dies führt zu verbesserter Glukoseaufnahme, reduzierter Glukoneogenese in der Leber und erhöhter Fettverbrennung. Diese metabolische Umstellung ähnelt den Effekten von Kalorienrestriktion und Fasten.

Anti-Aging-Mechanismen

Metformin beeinflusst mehrere Hallmarks of Aging: Es verbessert die mitochondriale Funktion, reduziert oxidativen Stress und chronische Entzündungen (Inflammaging), aktiviert Autophagie-Prozesse und kann die zelluläre Seneszenz verringern. Besonders bedeutsam ist die Verbesserung der Insulinresistenz – einem zentralen Faktor des Alterns. Metformin moduliert auch mTOR-Signaling und kann die Telomerase-Aktivität beeinflussen.

Epidemiologische Evidenz

Die "UK Prospective Diabetes Study" und nachfolgende Studien zeigten, dass Metformin nicht nur Diabeteskomplikationen reduziert, sondern auch die Gesamtsterblichkeit senkt. Metformin-behandelte Diabetiker hatten niedrigere Raten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und sogar Demenz. Diese Beobachtungen führten zur Hypothese, dass Metformin geroprotektive Eigenschaften besitzt, die über die Blutzuckerkontrolle hinausgehen.

Praxisrelevanz für Longevity

Metformin steht im Zentrum der pharmakologischen Longevity-Medizin, da es als erstes Medikament systematisch gegen das Altern getestet wird. Die TAME-Studie könnte einen Paradigmenwechsel einleiten: von der Behandlung einzelner Alterskrankheiten zur Prävention des Alterns selbst. Für die Praxis ist Metformin besonders interessant, weil es bereits verfügbar, gut erforscht und kostengünstig ist. Viele Longevity-Ärzte verschreiben es bereits "off-label" an gesunde Menschen mit metabolischen Risikofaktoren. Die Herausforderung liegt in der Identifikation der Personen, die am meisten profitieren, und der optimalen Dosierung für Anti-Aging-Zwecke.

Konkrete Handlungstipps: Die Durchführung sollte nur unter ärztlicher Beratung stattfinden

  • Ärztliche Beratung: Metformin ist verschreibungspflichtig und erfordert medizinische Überwachung
  • Standarddosierung: 500-1000mg täglich, aufgeteilt auf zwei Gaben zu den Mahlzeiten
  • Einschleichen: Beginnen Sie mit niedriger Dosis (250-500mg) und steigern Sie langsam
  • Vitamin B12 überwachen: Regelmäßige Kontrollen, da Metformin B12-Mangel verursachen kann
  • Nierenfunktion prüfen: Kontraindiziert bei eingeschränkter Nierenfunktion (eGFR <30)
  • Laktazidose-Risiko: Bei Alkoholkonsum, Operationen oder Kontrastmitteln pausieren
  • Lifestyle-Synergien: Kombinieren Sie mit gesunder Ernährung und regelmäßiger Bewegung

Forschung & Projekte

Die TAME-Studie (Targeting Aging with Metformin) ist die wegweisende klinische Studie, die Metformin bei 3000 gesunden Erwachsenen im Alter von 65-79 Jahren über 4-6 Jahre testet. Das Ziel: Nachweis einer verzögerten Entstehung altersbedingter Erkrankungen. Parallel laufen Studien zu Metformin bei Alzheimer, verschiedenen Krebsarten und kardiovaskulären Erkrankungen. Die Forschung konzentriert sich auch auf optimale Dosierungen für Nicht-Diabetiker und Biomarker zur Therapiemonitoring. Neue Metformin-Formulierungen mit verbesserter Verträglichkeit werden entwickelt. Details unter /forschung/projekte.

Quellen & Hinweise

  • Barzilai, N. et al. (2016). Metformin as a tool to target aging. Cell Metabolism, 23(6). - DOI: 10.1016/j.cmet.2016.05.011 
  • Bannister, C.A. et al. (2014). Can people with type 2 diabetes live longer than those without? A comparison of mortality in people initiated with metformin or sulphonylurea monotherapy. Diabetes, Obesity and Metabolism, 16(11). - DOI: 10.1111/dom.12354
  • Campbell, J.M. et al. (2017). Metformin reduces all-cause mortality and diseases of ageing independent of its effect on diabetes control: A systematic review and meta-analysis. Ageing Research Reviews, 40.

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