Das Thema Longevity – also die Wissenschaft von der gesunden Langlebigkeit – wächst rasant und bringt viele neue Begriffe mit sich. Ob aus der Medizin, Ernährungswissenschaft, Psychologie oder aus der Hotel- und Spa-Praxis: Wer den Überblick behalten möchte, stößt schnell auf eine Vielzahl von Fachausdrücken. Genau hier setzt unser Longevity Glossar an.

Es erklärt die wichtigsten Begriffe klar, verständlich und wissenschaftlich fundiert – von A wie Autophagie über B wie Blue Zones bis Z wie Zellregeneration. Damit erhalten Sie nicht nur eine schnelle Orientierung, sondern auch wertvolle Impulse für die praktische Anwendung im Alltag oder in der Gesundheitsprävention. Grundsätzlich gilt:

Die Inhalte dienen ausschließlich der Information und ersetzen keine medizinische Beratung. Bei Interesse an den Themen sollte vorab und während einer Durchführung immer eine ärztliche Konsultation erfolgen.

Das Glossar wird laufend erweitert und aktualisiert, sodass Sie jederzeit die neuesten Konzepte und Trends rund um Longevity im Blick haben.

IHHT

Was ist IHHT?

IHHT (Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Training) ist eine innovative Therapiemethode, bei der Patienten oder Sportler im Wechsel sauerstoffarme (Hypoxie) und sauerstoffreiche (Hyperoxie) Luft über eine Maske einatmen, während sie sich in Ruhe befinden. Diese kontrollierte Sauerstoffschwankung simuliert die Effekte von Höhentraining und aktiviert zelluläre Anpassungsmechanismen, die besonders die Mitochondrien – die Kraftwerke der Zellen – regenerieren und optimieren. Ursprünglich in der Raumfahrtmedizin und im Leistungssport entwickelt, hat IHHT zunehmend Bedeutung in der Longevity- und Präventivmedizin erlangt. Die Methode fördert mitochondriale Biogenese, verbessert die Sauerstoffverwertung, reduziert oxidativen Stress und aktiviert zelluläre Reparaturmechanismen. Als nicht-invasive, nebenwirkungsarme Intervention gilt IHHT als vielversprechender Ansatz für gesundes Altern und Prävention metabolischer Erkrankungen.

Definition

IHHT ist ein kontrolliertes Atemtraining mit wechselnden Sauerstoffkonzentrationen zur Stimulation mitochondrialer Regeneration, Verbesserung der Zellenergie und Aktivierung körpereigener Anti-Aging-Mechanismen.


Key Facts

  • Höhentraining ohne Berg: Simuliert Effekte von 2.500-6.000m Höhe im Liegen
  • Mitochondriale Biogenese: Fördert Neubildung gesunder Kraftwerke der Zelle
  • Mitophagie-Aktivierung: Selektive Elimination geschädigter Mitochondrien
  • HIF-1α Aktivierung: Hypoxie-induzierbarer Faktor löst Anpassungsreaktionen aus
  • Non-invasiv: Keine Medikamente, keine Nebenwirkungen bei korrekter Anwendung
  • Evidenzbasiert: Über 500 Studien zu Hypoxie-Training, besonders aus Russland/Deutschland

Wissenschaftlicher Hintergrund


Funktionsprinzip und zelluläre Mechanismen

IHHT nutzt den Wechsel zwischen Hypoxie (typisch 9-15% O₂ statt normal 21%) und Hyperoxie (bis 36% O₂) in kurzen Intervallen (3-5 Minuten). Dieser Wechsel induziert kontrollierten zellulären Stress, der adaptive Mechanismen aktiviert. Zentral ist die Aktivierung von HIF-1α (Hypoxia-Inducible Factor 1-alpha), einem Transkriptionsfaktor, der über 100 Gene reguliert. HIF-1α stimuliert: mitochondriale Biogenese (Neubildung von Mitochondrien), Angiogenese (Gefäßneubildung), Erythropoese (Bildung roter Blutkörperchen) und Optimierung des Energiestoffwechsels.


Mitochondriale Regeneration und Mitophagie

Ein Schlüsselmechanismus ist die Mitophagie – der selektive Abbau geschädigter Mitochondrien. Mit dem Alter akkumulieren dysfunktionale Mitochondrien, die mehr reaktive Sauerstoffspezies produzieren und weniger ATP generieren. IHHT löst Qualitätskontrolle aus: Schwache Mitochondrien werden eliminiert, gleichzeitig werden neue, effiziente Mitochondrien gebildet. Das Ergebnis: ein "verjüngtes" mitochondriales Netzwerk mit besserer Energieproduktion und reduziertem oxidativem Stress.


Klinische Anwendungen und Evidenz

IHHT wird eingesetzt bei: chronischer Erschöpfung und Burnout, metabolischem Syndrom und Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurodegenerativen Erkrankungen (als adjuvante Therapie), Long-COVID-Syndrom, sowie Leistungsoptimierung bei Sportlern. Studien zeigen Verbesserungen bei: VO₂max (maximale Sauerstoffaufnahme), HRV (Herzratenvariabilität), Insulinsensitivität, kognitiver Leistung und subjektivem Energielevel. Die Evidenz ist besonders stark für metabolische und kardiovaskuläre Parameter.


Praxisrelevanz für Longevity

IHHT adressiert einen fundamentalen Alterungsmechanismus: mitochondriale Dysfunktion. Da Mitochondrien zentral für Energieproduktion, Zellstoffwechsel und Signaling sind, hat ihre Optimierung weitreichende Effekte auf Gesundheit und Alterung. IHHT bietet einen nicht-pharmakologischen Weg zur mitochondrialen Verjüngung und ist besonders relevant für Menschen mit chronischer Erschöpfung, metabolischen Störungen oder als präventive Anti-Aging-Maßnahme. Die Methode ist zeitsparend (Sitzungen à 40-60 Minuten) und kann passiv durchgeführt werden. Für Longevity-Optimierer ist IHHT eine Ergänzung zu Ernährung, Bewegung und Supplementierung.


Konkrete Handlungstipps

  • Professionelle Durchführung: IHHT sollte in spezialisierten Zentren oder unter ärztlicher Aufsicht erfolgen
  • Kontraindikationen beachten: Nicht geeignet bei akuten Infekten, schwerer Hypertonie, epileptischen Anfällen oder Schwangerschaft
  • Eingangsdiagnostik: Vor Beginn Mitochondrien-Funktion, HRV und Stoffwechselparameter messen
  • Standardprotokoll: 15-20 Sitzungen, 2-3x pro Woche, dann Erhaltungsphase
  • Kombinationstherapie: Optimal in Verbindung mit Bewegung, ketogener Ernährung oder NAD+-Supplementierung
  • Nachsorge: Nach Abschluss Biomarker kontrollieren (Laktat, VO₂max, HRV)
  • Langfristige Strategie: Regelmäßige Auffrischungen (z.B. quartalsweise 5-10 Sitzungen)
  • Lifestyle-Integration: Kombination mit anderen mitochondrialen Interventionen (Kältetherapie, Rotlicht)

Forschung & Projekte

IHHT-Forschung hat ihre Wurzeln in der sowjetischen Raumfahrtmedizin und wurde in Deutschland weiterentwickelt. Das Forschungsinstitut für Präventivmedizin in Bayern führte umfangreiche Studien durch. Aktuelle Forschung konzentriert sich auf: personalisierte Hypoxie-Protokolle basierend auf individueller Mitochondrienfunktion, Kombination mit anderen Longevity-Interventionen, Langzeiteffekte auf biologisches Altern und Anwendung bei neurodegenerativen Erkrankungen. Die Entwicklung von Home-IHHT-Geräten demokratisiert den Zugang.


Quellen & Hinweise

  • Serebrovskaya, T.V. & Xi, L. (2016). Intermittent hypoxia training as non-pharmacologic therapy for cardiovascular diseases: Practical analysis on methods and equipment. Experimental Biology and Medicine, 241(15), 1708-1723. DOI: 10.1177/1535370216657614
  • Burtscher, M. et al. (2010). Intermittent hypoxia increases exercise tolerance in elderly men with and without coronary artery disease. International Journal of Cardiology, 96(2), 247-254. DOI: 10.1016/j.ijcard.2003.07.021
  • Prabhakar, N.R. & Semenza, G.L. (2012). Adaptive and maladaptive cardiorespiratory responses to continuous and intermittent hypoxia mediated by hypoxia-inducible factors 1 and 2. Physiological Reviews, 92(3), 967-1003. DOI: 10.1152/physrev.00030.2011
  • Navarrete-Opazo, A. & Mitchell, G.S. (2014). Therapeutic potential of intermittent hypoxia: a matter of dose. American Journal of Physiology, 307(10), R1181-R1197. DOI: 10.1152/ajpregu.00208.2014