Das Thema Longevity – also die Wissenschaft von der gesunden Langlebigkeit – wächst rasant und bringt viele neue Begriffe mit sich. Ob aus der Medizin, Ernährungswissenschaft, Psychologie oder aus der Hotel- und Spa-Praxis: Wer den Überblick behalten möchte, stößt schnell auf eine Vielzahl von Fachausdrücken. Genau hier setzt unser Longevity Glossar an.

Es erklärt die wichtigsten Begriffe klar, verständlich und wissenschaftlich fundiert – von A wie Autophagie über B wie Blue Zones bis Z wie Zellregeneration. Damit erhalten Sie nicht nur eine schnelle Orientierung, sondern auch wertvolle Impulse für die praktische Anwendung im Alltag oder in der Gesundheitsprävention. Grundsätzlich gilt:

Die Inhalte dienen ausschließlich der Information und ersetzen keine medizinische Beratung. Bei Interesse an den Themen sollte vorab und während einer Durchführung immer eine ärztliche Konsultation erfolgen.

Das Glossar wird laufend erweitert und aktualisiert, sodass Sie jederzeit die neuesten Konzepte und Trends rund um Longevity im Blick haben.

Intervallfasten

Intervallfasten und Longevity

Intervallfasten (auch Time-Restricted Eating, TRE) bezeichnet Ernährungsformen, bei denen Essens- und Fastenphasen im Wechsel erfolgen. Anders als bei klassischen Diäten geht es nicht um Kalorienzählerei, sondern um den zeitlichen Rhythmus der Nahrungsaufnahme. Das Prinzip synchronisiert die Essgewohnheiten mit den natürlichen circadianen Rhythmen des Körpers und optimiert dadurch Stoffwechselprozesse. Für die Longevity-Forschung ist es relevant, weil es Stoffwechselprozesse verbessert, Entzündungen reduziert und zelluläre Regenerationsmechanismen wie die Autophagie aktiviert.

Definition: Intervallfasten ist ein Ernährungsmuster, bei dem sich Essens- und Fastenintervalle regelmäßig abwechseln, um Stoffwechsel und Gesundheit zu fördern.

Key Facts

  • Häufigste Varianten: 16:8 (16 Stunden Fasten, 8 Stunden Essensfenster), 5:2 (2 Fastentage pro Woche) und OMAD (One Meal A Day)
  • Essensfenster typischerweise 8-12 Stunden, mit Fasten für die verbleibenden Stunden
  • Fördert Fettstoffwechsel, Insulinsensitivität und Autophagie
  • Führt bei Menschen mit Adipositas zu 3-5% Gewichtsverlust über 2-12 Monate
  • In Studien mit positiven Effekten auf Stoffwechselerkrankungen und Alterungsprozesse
  • Ähnelt dem evolutionären Ernährungsmuster vor Ackerbau und Viehzucht

Wissenschaftlicher Hintergrund

Mechanismus

Während der Fastenphasen sinken Blutzuckerspiegel und Insulinwerte, der Körper greift auf gespeicherte Energie zurück. Dies aktiviert Prozesse wie Lipolyse (Fettabbau) und Autophagie (zelluläre Reinigung). Gleichzeitig wird die Aktivität von mTOR gehemmt und AMPK aktiviert, was zur Autophagie-Initiierung über den Ulk1-Signalweg führt – beides zentral für Langlebigkeit. Zusätzlich werden Ketogenese, mitochondriale Biogenese und circadiane Uhren-Gene aktiviert.

Biomarker & Messung

  • Verbesserte Blutzucker-, Insulin- und Triglyceridwerte
  • Niedrigere Entzündungsmarker (CRP, IL-6, TNF-α)
  • Verbesserung des Blutdrucks
  • Potenziell höhere HRV (Herzfrequenzvariabilität)
  • Reduktion von Taillenumfang und Fettmasse
  • Erhöhte Ketonkörper-Spiegel während der Fastenphase
  • Verbesserte Insulinsensitivität (HOMA-IR)

Evidenzlage

Positive Effekte: Studien zeigen signifikante Gewichtsreduktion (durchschnittlich 2,3 kg), Abnahme des Taillenumfangs und Verbesserung metabolischer Parameter. Erste systematische Reviews zeigen Potenzial für kognitive Gesundheit bei älteren Erwachsenen. Im Tiermodell wird eine Lebensverlängerung beobachtet.

Kritische Aspekte: Eine 2024er Lancet-Studie zeigte, dass 10h TRE bei Diabetes-Risikopatienten keine klinisch relevanten Gewichtseffekte hatte. Eine kontroverse Studie mit über 20.000 Teilnehmern deutete auf ein 91% höheres Risiko für kardiovaskulären Tod bei 8h-TRE hin, wobei diese Ergebnisse aufgrund methodischer Limitationen kritisch diskutiert werden.

Beim Menschen sind Langzeiteffekte auf die Lebensspanne noch nicht eindeutig bewiesen, erste Daten sind aber vielversprechend.

Praxisrelevanz für Longevity

Intervallfasten gilt als niederschwelliger Einstieg in die Welt der Longevity-Ernährungsformen. Es unterstützt Stoffwechselgesundheit, wirkt präventiv gegen Adipositas und Typ-2-Diabetes und könnte die Zellalterung bremsen. Kombinationen mit körperlicher Aktivität zeigen verstärkte Effekte. Entscheidend ist die langfristige Praktikabilität – für viele Menschen ist es einfacher umzusetzen als klassische Kalorienrestriktion.

Timing-Aspekte: Frühe TRE (Essensfenster am Morgen/Mittag) scheint metabolisch vorteilhafter zu sein als späte TRE aufgrund der circadianen Rhythmik.

Handlungstipps / Takeaways: Die Durchführung sollte nur nach ärztlicher Beratung stattfinden

  • Die 16:8-Methode ist für Einsteiger besonders geeignet (z.B. 12:00-20:00 Uhr Essensfenster)
  • Frühe Essensfenster sind metabolisch günstiger als späte
  • Flüssigkeit während der Fastenzeit: Wasser, ungesüßter Tee oder schwarzer Kaffee sind erlaubt
  • Im Essensfenster auf nährstoffreiche, ausgewogene Kost achten - Proteinzufuhr nicht vernachlässigen
  • Kombination mit Krafttraining verstärkt positive Effekte und schützt Muskelmasse
  • Langsame Gewöhnung über 2-4 Wochen empfohlen
  • Nicht empfohlen für Schwangere, Stillende, Kinder, Menschen mit Essstörungen oder bestimmten Medikamenten
  • Ärztliche Rücksprache bei Vorerkrankungen (besonders Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
  • Bei kardiovaskulären Risikofaktoren besondere Vorsicht bei sehr restriktiven Formen (<8h Essensfenster)

Forschung & Projekte

  • TRE (Time-Restricted Eating)-Studien: Untersuchung verschiedener Essensfenster (8h-12h) auf metabolische Gesundheit
  • RESET-Studie (2024): Dänische Studie zu 10h-TRE bei Diabetes-Risikopatienten
  • Studien zu Intervallfasten bei Adipositas, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Systematische Reviews zu kognitiven Effekten bei älteren Erwachsenen
  • Grundlagenforschung zu Autophagie-Aktivierung und circadianen Rhythmen
  • Untersuchungen zu Early vs. Late TRE und deren unterschiedlichen metabolischen Effekten
  • Forschung zu TRE-Mimetics - Substanzen, die ähnliche molekulare Effekte auslösen

Quellen & Hinweise

  • Longo, V.D. & Mattson, M.P. (2014). Fasting: molecular mechanisms and clinical applications. Cell Metabolism, 19(2), 181-192. DOI: 10.1016/j.cmet.2013.12.008
  • Sutton, E.F. et al. (2018). Early time-restricted feeding improves insulin sensitivity. Cell Metabolism, 27(6), 1212-1221. DOI: 10.1016/j.cmet.2018.04.010
  • Mattson, M.P., Longo, V.D. & Harvie, M. (2017). Impact of intermittent fasting on health and disease processes. Ageing Research Reviews, 39, 46-58. DOI: 10.1016/j.arr.2016.10.005
  • Wilkinson, M.J. et al. (2020). Ten-hour time-restricted eating reduces weight, blood pressure, and atherogenic lipids. Cell Metabolism, 31(1), 92-104. DOI: 10.1016/j.cmet.2019.11.004
  • Cienfuegos, S. et al. (2024). Time-restricted eating for the prevention of type 2 diabetes. The Lancet Healthy Longevity, 5(4), e285-e294. DOI: 10.1016/S2666-7568(24)00028-X