Was sind Senolytics?
Senolytics (auch Senolytika genannt) sind Substanzen, die gezielt seneszente, also gealterte Zellen eliminieren. Diese Zellen, oft als „Zombiezellen“ bezeichnet, haben ihre Teilungsfähigkeit verloren, bleiben jedoch im Gewebe aktiv und schütten entzündungsfördernde Stoffe aus. Dadurch fördern sie chronische Entzündungen (Inflammaging) und tragen zu altersbedingten Erkrankungen bei. Senolytika sollen diese Zellen selektiv abtöten, um die Gewebeerneuerung zu fördern und Alterungsprozesse zu verlangsamen.
Wissenschaftlicher Hintergrund
Seneszente Zellen entstehen als natürliche Schutzreaktion gegen unkontrollierte Zellteilung, z. B. bei DNA-Schäden oder Telomerverkürzung. Mit zunehmendem Alter sammelt sich jedoch eine wachsende Zahl dieser Zellen an, da das Immunsystem sie nicht mehr effizient beseitigt. Sie sekretieren das sogenannte SASP (Senescence-Associated Secretory Phenotype) – ein Cocktail aus Zytokinen, Proteasen und Wachstumsfaktoren, der Entzündungen fördert und umliegende Zellen schädigt. Senolytika wirken, indem sie Signalwege blockieren, die seneszente Zellen vor dem programmierten Zelltod (Apoptose) schützen, wie z. B. den BCL-2- oder PI3K/AKT-Weg.
Bekannte Senolytika und Wirkstoffe
Zu den bekanntesten senolytischen Substanzen zählen:
• Dasatinib + Quercetin (D+Q)** – Kombination aus Chemotherapeutikum und Flavonoid; erste in vivo nachgewiesene senolytische Wirkung
• Fisetin** – natürliches Polyphenol, das selektiv seneszente Zellen abtötet und in Tiermodellen die Lebensspanne verlängert
• Navitoclax (ABT-263)** – BCL-2-Inhibitor mit potenter senolytischer Aktivität, jedoch Nebenwirkungen wie Thrombozytopenie
• Curcumin & Piperlongumin** – natürliche Substanzen mit synergistischer, aber noch nicht vollständig belegter senolytischer Wirkung
Diese Verbindungen befinden sich in verschiedenen Stadien der präklinischen und klinischen Erforschung.
Praxisrelevanz für Longevity
Die Entfernung seneszenter Zellen gilt als ein vielversprechender Ansatz zur Verlangsamung biologischer Alterungsprozesse. Studien zeigen, dass regelmäßige Senolytika-Gaben die körperliche Leistungsfähigkeit, Insulinsensitivität und Organfunktion verbessern können. Erste Humanstudien deuten auf Verbesserungen bei idiopathischer Lungenfibrose und Nierenerkrankungen hin. Für die Longevity-Praxis bedeutet dies: Senolytika könnten künftig ein Schlüsselbaustein individueller Anti-Aging-Protokolle werden, insbesondere in Kombination mit antiinflammatorischen und regenerativen Strategien.
Natürliche Alternativen und Lifestyle-Faktoren
Neben pharmakologischen Senolytika können auch natürliche Strategien seneszente Zellen reduzieren oder ihre schädlichen Effekte abschwächen:
• Fasten und Kalorienrestriktion** – fördern Autophagie und seneszente Zellbeseitigung
• Sport** – aktiviert Immunzellen, die seneszente Zellen eliminieren
• Polyphenolreiche Ernährung** – z. B. mit Fisetin, Quercetin und Curcumin
• Niedriger Entzündungsstatus** – durch Schlaf, Stressmanagement und Omega-3-Fettsäuren
Diese Maßnahmen unterstützen synergistisch die natürliche Zellverjüngung.
Forschung & Projekte
Die Senolytics-Forschung entwickelt sich rasant. Mehrere klinische Studien (z. B. NCT02848131, NCT03513016) prüfen die Sicherheit und Wirksamkeit von D+Q und Fisetin beim Menschen. Parallel wird an zielgerichteten Senomorphika gearbeitet – Substanzen, die das SASP blockieren, ohne die Zellen zu töten. Langfristiges Ziel ist es, Senolytika in personalisierte Longevity-Therapien zu integrieren, basierend auf Biomarkern und genetischen Profilen.
Quellen & Hinweise
• Kirkland, J. L. & Tchkonia, T. (2017). Cellular senescence: a translational perspective. EBioMedicine, 21, 21–28. DOI: 10.1016/j.ebiom.2017.04.013
• Zhu, Y. et al. (2015). The Achilles’ heel of senescent cells: from transcriptome to senolytic drugs. Aging Cell, 14(4), 644–658. DOI: 10.1111/acel.12344
• Yousefzadeh, M. J. et al. (2021). Fisetin is a senotherapeutic that extends health and lifespan. EBioMedicine, 59, 102879. DOI: 10.1016/j.ebiom.2020.102879